
Die römische Provinz Germania Superior, die grob dem heutigen Südwesten Deutschlands entspricht, erlebte im 3. Jahrhundert n. Chr. einen kulturellen Aufschwung, der sich auch in der Kunst und Handwerk manifestierte. Obwohl wir die Namen der meisten Künstler dieser Zeit nicht kennen, können wir durch ihre Werke eindrucksvoll Einblicke in ihre Lebenswelt und Fertigkeiten gewinnen. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist der “Schmuckgriff mit zwei Adlern”, ein Objekt, das uns von der Meisterschaft der spätantiken Goldschmiedekunst zeugt.
Der Schmuckgriff, der heute im Römisch-Germanischen Museum in Köln ausgestellt ist, wurde wahrscheinlich um 250 n. Chr. geschaffen und diente einst als Verschluss für eine wertvolle Truhe oder einen kostbaren Behälter. Er besteht aus zwei Teilen: dem Griff selbst, der in Form eines Adlerkopfes gestaltet ist, und einer Platte, die den Adlerkörper darstellt. Die Ausführung des Griffs ist bemerkenswert detailliert:
- Die Augen des Adlers sind aus schwarzen Steinen gefertigt, die in Kontrast zu dem goldenen Gefieder stehen und ihm eine lebendige Ausstrahlung verleihen.
- Die Federn des Adlers werden durch fein gearbeitete Ritzlinien simuliert, die den Eindruck von weichem, glänzendem Gefieder erwecken.
- Die Schnäbelspitze des Adlers ist mit einem kleinen roten Stein verziert, der wahrscheinlich einen Rubin darstellt.
Die Platte, die den Adlerkörper bildet, ist ebenfalls reich dekoriert:
- Sie zeigt ein komplexes Muster aus Rankenwerk und geometrischen Formen, das den Eindruck von Luxus und Raffinesse vermittelt.
- Inmitten des Rankenwerks befindet sich eine runde Plakette, auf der möglicherweise ein Motiv des römischen Kaisers oder einer Gottheit abgebildet war – leider ist dieses Detail heute durch Abnutzung verloren gegangen.
Was verraten uns die Adler im Schmuckgriff über die damalige Zeit?
Die Wahl des Adlers als Motiv ist in diesem Kontext nicht zufällig. Der Adler war bereits in der römischen Antike ein Symbol für Macht, Stärke und Göttlichkeit. Seine Präsenz auf dem Schmuckgriff deutet darauf hin, dass der Besitzer des Objekts eine bedeutende Stellung in der Gesellschaft innehatte – möglicherweise gehörte er zur römischen Elite oder war ein wohlhabender Händler.
Darüber hinaus kann die Ausführung des Griffs Rückschlüsse auf den kulturellen Austausch zwischen Rom und der Provinz Germania Superior zulassen. Die detaillierte Bearbeitung des Gefieders und die Verwendung kostbarer Steine wie Rubin weisen auf einen hohen Grad an handwerklichem Können hin, der typisch für römische Goldschmiedekunst war. Gleichzeitig lassen die komplexen Muster auf der Platte auch Einflüsse aus der lokalen Kunstwelt erkennen.
Der Schmuckgriff als Zeugnis einer verschwundenen Welt:
Objekte wie der “Schmuckgriff mit zwei Adlern” sind mehr als nur schöne Artefakte. Sie dienen als Fenster in eine längst vergangene Zeit, die durch ihre Kunst, Kultur und Geschichte fasziniert. Der Griff erzählt uns nicht nur von der technischen Virtuosität der Goldschmiede, sondern auch von den sozialen Strukturen, dem
Glaubenssystem und den kulturellen Einflüssen, die das Leben in der römischen Provinz Germania Superior prägten. Durch die Untersuchung solcher Artefakte können wir unser Verständnis dieser verschwundenen Welt erweitern und uns ein lebendigeres Bild von der Vergangenheit schaffen.
Ein Vergleich mit anderen Adlerdarstellungen:
Um die Besonderheit des Schmuckgriffs besser zu verstehen, ist es hilfreich, ihn mit anderen Adlerdarstellungen aus dem gleichen Zeitraum zu vergleichen.
Beschreibung | Objekt | Material |
---|---|---|
Adlerkopf auf Säule | Römischer Triumphbogen in Trier | Stein |
Adler als Teil einer Medaille | Römische Münze aus der Zeit des Kaisers Augustus | Metall |
Adler als Wappentier | Banner eines römischen Legionärs | Stoff |
Die Tabelle zeigt, dass der Adler in der römischen Kunst vielseitig eingesetzt wurde. Ob auf Monumenten, Münzen oder Fahnen – er diente immer als Symbol für Macht und Würde.
Schlussfolgerung:
Der “Schmuckgriff mit zwei Adlern” ist ein einzigartiges Beispiel für die
Meisterlichkeit der spätantiken Goldschmiedekunst in Germania Superior. Durch
die detaillierte Ausführung und die symbolische Bedeutung des Adlers bietet er uns einen wertvollen Einblick in die Lebenswelt und die kulturellen Einflüsse dieser Zeit. Das Objekt steht nicht nur als Zeugnis für die handwerkliche
Fertigkeit der römischen Künstler, sondern auch für die komplexe Interaktion zwischen
Rom und den Provinzen.