
Jörg Wickbold, ein name weniger bekannt als seine Zeitgenossen, schuf im späten 14. Jahrhundert einen Altar, der uns heute noch in seinen Bann zieht: Der Marienaltar. Dieses Meisterwerk der spätgotischen Kunst befindet sich im Städel Museum in Frankfurt und offenbart eine Fülle an Details, Symbolen und Geschichten, die tief in die religiöse Denkweise des Mittelalters eintauchen lassen.
Der Marienaltar ist nicht einfach nur ein Altarbild, sondern ein komplexes Triptychon, das auf drei Flügeln verteilt ist. Im Zentrum thront die Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind auf dem Schoß. Ihre majestätische Haltung und ihr sanftes Lächeln verkörpern die Ideale von Mutterlichkeit, Liebe und Erlösung. Die Bildsprache spricht eine klare Sprache: Maria, in prächtigen Gewändern dargestellt, ist der Mittelpunkt des christlichen Glaubens.
Die Flügel des Altars zeigen Szenen aus dem Leben Mariens: ihre Verkündigung durch den Engel Gabriel, ihre Begegnung mit Elisabeth, die Flucht nach Ägypten und die Krönung Marias im Himmel.
Szene | Beschreibung |
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Verkündigung | Der Erzengel Gabriel verkündet Maria die frohe Botschaft der Geburt Jesu |
Begegnung mit Elisabeth | Maria besucht ihre Cousine Elisabeth, die ebenfalls schwanger ist |
Flucht nach Ägypten | Die Heilige Familie flieht vor König Herodes |
Krönung Marias | Maria wird im Himmel gekrönt |
Wickbolds detaillierte Darstellung der Szenen ist bemerkenswert. Er verwendet eine Vielzahl von Farben, Mustern und Symbolen, um die Geschichte zu erzählen und den Betrachter in die Welt des Mittelalters zu versetzen.
Man merkt sofort, dass Wickbold ein Meister seiner Zeit war. Die Figuren sind dynamisch und lebendig, ihre Gesichter voller Emotionen. Der Hintergrund der Szenen ist sorgfältig ausgearbeitet, mit Landschaften, Städten und Gebäuden, die eine realistische Darstellung der mittelalterlichen Welt bieten. Die Gewänder der Figuren sind reich verziert mit Goldbrokat, Perlen und Edelsteinen, was den Eindruck von Pracht und Reichtum verstärkt.
Ein interessantes Detail des Marienaltars ist die Verwendung von “trompe l’oeil”-Techniken, also Maltechniken, die optische Täuschungen erzeugen sollen. So erscheinen beispielsweise die Säulen des Altars dreidimensional, während die Figuren durch Schattenspiele plastisch wirken. Diese Techniken waren im 14. Jahrhundert hochmodern und zeugen von Wickbolds Können als Maler.
Der Marienaltar ist nicht nur ein beeindruckendes Kunstwerk, sondern auch ein wichtiges Zeugnis der mittelalterlichen Religiosität. Er zeigt, wie tief der Glaube in das Leben der Menschen integriert war und welche Bedeutung die Verehrung Marias hatte.
Für den heutigen Betrachter bietet der Marienaltar von Jörg Wickbold eine spannende Reise durch die Bildsprache der Spätgotik. Man kann stundenlang vor diesem Altar stehen und die vielen Details entdecken, die Geschichten erzählen, Symbole entschlüsseln und einen Einblick in die Welt des Mittelalters ermöglichen.